@Jastreb schrieb:
Luftüberfall aus Richtung SÜDWEST
Ein ganz normaler Tag.
Diensthabender Techniker Olt S. begab sich mit seiner vergatterten Crew zum spätnachmittaglichem „Einschalten“, zur Stellung des K-66.
Wir befinden uns im Raum Thüringen. Es ist ein Wochentag. Im rückwärtigem Raum, so nannte man das eigene im Rücken des Standortes liegenden Territorium, tummelten sich alle möglichen Flugzeuge der JG`s, der GSSD sowohl als auch der LSK.
Geflogen wurde in Richtung Erfurt, Kursmanöver, und dann wieder in Richtung Nord, Nordost und Ost.
So ging es den ganzen Tag, bis in die späten Abendstunden.
Oltn S. machte einen kurzen Check, schaltete das Radargerät ein, kontrollierte die Parameter, alles im grünen Bereich, Besatzung eingewiesen, Meldung an den Diensthabenden der FutK Hptm G.; „Station einsatzbereit!“, und los ging es mit der Meldung der Luftlage.
Doch plötzlich war alles anders, etwas seltsames passierte im Luftraum.
Ein massierter Luftüberfall
Radarechos (im Sprachgebrauch Ziele genannt) mit Kurs Nordost aus dem Frankfurter/Main Raum näherten sich in beachtlicher Zahl der Staatsgrenze, und was ganz schlimm war, sie überflogen sie auch noch und näherten sich dem Standort.
Ein mittelschweres Chaos nahm seinen Lauf. Hektische Zielzuweisungen an den Funkorter des Höhenfinders , ob er das bestätigen könne, dass sich Ziele in diesem Raum befinden; Fragen an den Techniker, ob alles mit der Technik in Ordnung wäre; Abgleich mit anderen zu diesem Zeitpunkt eingeschalteten Radargeräten, Einschalten zusätzlicher anderer Radargeräte usw., usw..
Der Funkorter des Höhenfinders hatte zum Schrecken aller Beteiligten auch noch zu dem einen oder anderen Ziel auch noch eine Höhe bestimmen können. Das Chaos war perfekt.
Keine anderes Radarstation konnte den plötzlichen“ Luftüberfall“ bestätigen.
Hptm G. , der DGS der FutK , hat die rettenden Idee. Er wies den Techniker Olt S. an rauszugehen und zu schauen ob beide Sendeempfangskabienen (SEK) des K-66 überhaupt synchron zueinander drehen.
Olt S. begab sich nach draußen. „Oh Schei….!“ Er sah, dass sich eine Kabine um 180 Grad zu der Andern versetzt drehte. Schnell stürmte er in den Technikerhänger und meldete dem DGS, dass es ein technisches Problem gibt.
Aber ein Blick auf den Drehmeldegeberblock zeigte dennoch alles im grünen Bereich, so zumindest signalisierte es die Grün leuchtende Kontrolllampe für die Synchrondrehung beider Kabinen.
Es war ein Phänomen das es eigentlich nicht geben sollte. Trotzdem gab es dieses Problem, dass sich zwei SE Kabinen die eigentlich synchron miteinander drehen sollten, dennoch um 180 Grad versetzt drehen konnten, ohne dass das Kontrollsystem diesen Fehler bemerkte und so mit der grünen Kontrollleuchte, den Normalzustand des Drehsystems anzeigte.
Wenn, wie geschildert so etwas passiert, dann führt es dazu, dass alles was die eine Kabine an Radarechos empfängt, um 180 Grad versetzt auf dem Sichtgerät (Diametrale Ablenkung – zwei Auslenkstrahlen um 180 Grad zueinander angeordnet) dargestellt wird.
In dieser Situation führte es dazu, dass alle Radarechos welche sich im rückwärtigem Raum befanden, sich plötzlich vor dem Standort befanden und somit putzmunter aus Richtung Südwest kommend über die Grenze flogen und somit in den eigenen Luftraum eindrangen; also ein Luftüberfall wie aus dem Bilderbuch.
Das der Höhenbestimmer auch noch eine Höhe bestimmte, lag daran, dass sich reale Luftlage mit einer imaginären LL überlagerte und somit es zu Zielverwechslung kam und der Funkorter durchaus eine Höhe hätte bestimmen können, was er ja auch getan hat . Man bedenke, es gab im grenznahen Raum auf dem Gebiet der BRD Lufttrassen wo auch reale Ziele existieren und die sich nun mit den imaginären Scheinzielen überlagerten.
Das Ende der Geschichte:
Oltn S. wurde mit einem Verweis bestraft, begründet mit Verletzung seiner Pflichten als DH Techniker
Einer militärische Bestrafung folgte immer eine parteiliche Erziehungsmaßnahme, denn ein Offizier war immer auch Mitglied der SED (ich kenne keinen Fall, dass es nicht so war). In diesem Fall wurde Oltn S. mit einer Rüge bestraft
Der Funkorter des Höhenfinders wurde der Lüge bezichtigt. Bestraft wurde er nicht. Sein Stationsleiter , Hptm P.wurde zur erzieherischen Aufgabe verpflichtet, seine Leute zur Ehrlichkeit zu erziehen.
Hptm G. konnte sich auf die Schultern klopfen, seine Reaktionen in dieser prekären Situation hat Schlimmeres verhindert.
Ab sofort musste der DH Techniker bei jedem Einschalten eine visuelle Prüfung der Synchronität der Drehung beider SEK vornehmen ,mit dem Motto:“ Vertraue nur dir selbst und nicht der Technik“.