Zu lesen hier waren Einsätze in der Luftschießzone vor Usedom. Meines Wissens standen aber auch Flüge in Astrachan an. #Freiburgakten zeigten: 02.09.-16.09.1986 Verlegung mit 12 MiG-21 SPS und 1 MiG-21 US
12.05-28.05.1989 Verlegung mit 14 MiG-21 SPS und MF und 1 MiG-21 UM
Geübt wurden dort erstmals neue Elemente: - wie Überschallflug in 500 m Höhe, - Tiefflug in 50 m Höhe über der Steppe
Damit war Astrachan sicher eine enorme Herausforderung für die Piloten.
Teigenommen haben die FuTT, FRT und JG der LSK/LV beim Gefechtsschießen in Astrachan. Ich bin mir nicht sicher, glaube aber in den Freiburg-Dokumenten gelesen zu haben, dass auch K.u.M der TLA der LaSK teilgenommen haben. Dazu müsste ich aber wieder tiefer in die Dokumente einsteigen. Und in den nächsten Wochen habe ich dazu keine Zeit. Zumindest für die 1.LvD habe ich sämtliche Termine und teilnehmenden Truppenteile der versch. Waffenagttungen in meinen Unterlagen (Quelle: BA-MA Freiburg).
Auszug: Nach den Unterlagen (Befehle, AO, Chroniken…) im Bundesarchiv Freiburg i.B. (Militärarchiv) war das JG-1 in Astrachan:
1967 23.09.-07.10. 1969 25.08.-06.09. 1972 04.-09.09. 1973 06.-14.07. 1974 12.-24.08. schlägt etwas aus der Reihe (und kann man in diese Aufstellung eigentlich nicht einbeziehen) Teilnahme in 2 Gruppen 1. Gruppe: 1 FF - Kdo. LSK/LV, Stab LvD, 1 FF des JG-7, 2 FF des JG-8, Hptm. J. des JG-1 ; Gefechtsschießen in der UEH 2. Gruppe: 1 FF - Kdo. LSK/LV, 20 FF des JG-3 ; Gefechtsschießen in der Stratosphäre 1977 08.-20.07. 1984 12.-19.05. 1986 04.-16.09. (Verlegung und Gefechtsschießen mit eigener Technik) 1989 16.-28.05. ( -"- )
Bei Bedarf kann ich zu einzelnen Terminen auch mit Teilnehmerlisten, Ablauf der Vorbereitungen und Verlegungen, Übungsinhalten etc.dienen. 1984, 86 und 89 habe ich selbst daran teilgenommen.
Als Osterüberraschung: Kapitel 13 (Gefechtsschießen in Astrachan) aus meiner geplanten Kurzgschichte. Die Personen ( Igor, Tanja und Sergej ) sind rein erfunden (ich nicht) und der Rest ... lest selbst.
Kapitel 13– Abfangen
Abfangen
Ich weiß nicht wie es Sergej geschafft hatte … aber ich durfte mit scharfen Raketen auf ein ferngesteuertes Ziel schießen. Allerdings hatte der Kommandeur dieser Einheit festgelegt, dass ich nur als sein Geführter, also hinter ihm, fliegen durfte.
Die Übung bestand darin, dass 6 Piloten auf eine ferngesteuerte Drohne, ein LA 17 in 14 km Höhe mit einer hohen Annäherungsgeschwindigkeit, mindestens 800 km/h schneller als das Ziel, mit Infrarotraketen bekämpfen mussten. Immer 2 Piloten als Paar, Führender und Geführter. Allerdings waren nur die Flugzeuge des letzten Paares mit scharfen Raketen bestückt, die beiden anderen Paare hatten zwar auch Raketen, aber diese besaßen keine Sprengladung. Das war notwendig um die Zieldrohne bei den ersten Angriffen aus Kostengründen zu schonen.
Da ich als Letzter zum Einsatz kam, machte ich mir wenig Hoffnungen, wirklich noch auf das Ziel schießen zu können, zumal direkt vor mir der Einheitskommandeur das Ziel mit zwei scharfen Raketen bekämpfen würde. Aber es sollte ganz anders kommen.
Den Start der Zieldrohne, sie wurde mit zwei Feststoffraketen von einer Rampe aus beschleunigt, bevor sie dann mit eigenem Antrieb weiterflog, verfolgte ich schon aus meiner Flugzeugkabine. Auch den Start der ersten beiden Abfangpaare.
Dann kamen wir an die Reihe. Triebwerk anlassen, Kontrollen, Rollen zum Start … und ...поехали... auf ging es.
Steigflug auf 11 km. Dann die ersten Leitkommandos. Igor, mein Paarführer zündete den Nachbrenner, beschleunigte seine Maschine und entfernte sich zusehends. Auf dem kleinen Radarbildschirm, zentral gelegen in der Mitte der Kabinenausrüstung, taucht er kurze Zeit später als Zielzeichen auf, das sich immer weiter entfernte. Bei ungefähr 5 km Entfernung bekam auch ich die Weisung zum Beschleunigen.
Obwohl jetzt auch meine Maschine zusehend beschleunigte, entfernte sich das Zielzeichen von Igor weiter bis auf 8 km und dann etwas langsamer auf 10 km. Bei einer Flughöhe von 11 km beschleunigte die MiG recht schnell … Überschall Mach 1,2 und sie wurde noch schneller. Über Funk konnte ich den Angriff von Igor mit verfolgen und stieg mit meiner MiG selber bis auf 14 km. Alles lief laut Plan. Igor meldete Zielerfassung und wenig später den Abschuss seiner Raketen. Sein Zielzeichen auf meinem Schirm verschwand nach rechts. Dafür tauchte weiter oben auf dem Schirm ein neues Zielzeichen auf, das der Drohne, der LA 17. Sofort versuchte ich das Ziel zu zentrieren um die Umschaltbedingungen für den Zielbetrieb zu schaffen.
„ цель стоить (tsel stoit) ... das Ziel steht“ hörte ich über Funk von der Bodenstation.
„So ein Unsinn“ ging es mir durch den Kopf „das Ziel kann nicht stehen, ist doch schließlich kein Hubschrauber“
Doch das Zielzeichen auf meinem Schirm belehrte mich eines Besseren, es machte riesen Sprünge. 12 km … 10 km... Schnell umschalten auf Zielbetrieb. Gut gemacht. Das symbolische Flugzeug auf dem Bildschirm war fast im Mittelkreis. Rechts und links davon die Entfernungsmarken. Sie befanden sich im erlaubten Schussbereich, allerdings schon sehr nahe an der minimalen Grenze. Auch meine beiden Raketen informierten mich mit einem freudigen Summton, dass sie das Ziel erfasst hatten. Ich schickte die beiden Raketen gleichzeitig los.
Jetzt ein Blick nach draußen, bisher musste ich mich voll auf den kleinen Radarbildschirm konzentrieren. Die Raketen schossen unter den Tragflächen vor ... aber vor mir … ein großes schwarzes Etwas... genau auf meiner Flugbahn, auf das die Raketen zuschossen, aber ich, mit meiner MiG, auch. Dann der Lichtblitz. Die Raketen hatten das Ziel getroffen und explodierten. Zum Ausweichen war es viel zu spät. Ich steuerte genau in das Detonationszentrum, in der Hoffnung, dass dort die wenigsten Splitter waren. Und …
…. ich hatte Glück. Kein Teil hatte mein Flugzeug getroffen. Kontrolle Triebwerk und der anderen Bordanzeigen. Alles in Ordnung … also Nachbrenner aus. Geschwindigkeit bei Mach 1,5 … Kraftstoff … sehr wenig, eigentlich zu wenig.
Im Funk die ganz vorsichtige Anfrage „bist du noch da?“ Auf den Leitbildschirmen am Boden hatten sie wohl eine Zielvereinigung.
Die Frage konnte ich beruhigend mit JA beantworten. Aber mein Restkraftstoff beunruhigte nun auch die Leitoffiziere am Boden.
Ich war nach dem Ausschalten des Nachbrenners sofort nach rechts ab gekurvt und befand mich auf dem Rückflug im ständigen Sinkflug und mit Leerlaufleistung des Triebwerks. Die roten Lampen für die minimale Kraftstoffanzeige funkelten mich böse an.
Kraftstoff sparen war jetzt mein Hauptaugenmerk. Man erlaubte mir die Landung direkt aus dem Anflug, als entgegen der Startrichtung. Mit dem Rückenwind würde ich schon irgendwie klarkommen.
Ab einer Höhe von 2 km konnte ich am Horizont schon die Wolga erkennen mit der Stadt Astrachan und der Insel mitten im Fluss. Gleich dahinter würde dann auch die Landebahn auftauchen.
Alles ging gut. Das Fahrwerk fuhr ich im letzten Augenblick aus, dann die Landeklappen... die Bahnkante... ein leichter Stoß und der Boden hatte mich wieder.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Erst jetzt begann sich mein Puls wieder etwas zu beruhigen. Gerade als ich von der Landebahn abrollen wollt … eine plötzliche, ungewöhnliche Stille … das Triebwerk hatten den letzten Tropfen Kerosin verbraucht und war aus gegangen.
Jetzt musste ich auf das Bodenpersonal warten, damit sie mich und meine MiG zurückschleppen.
Die letzten Minuten gingen mir nochmal durch den Kopf. Das Ziel „stand“ in der Luft. Wahrscheinlich hatte Igor bei seinem Angriff dessen Triebwerk zerstört, aber die LA 17 hielt sich noch in der Luft. Das bedeutete, dass ich mich mit ca. 1700 km/h dem Ziel genähert hatte … mit Mach 1,4 … mit ungefähr 470 Meter in der Sekunde.
Ich hatte vom Umschalten in den Zielbetrieb bis zum Abschuss der Raketen nur 13 Sekunden … und bis zur „Zielvereinigung“ nur 15 Sekunden gebraucht. Gleich stieg mein Puls wieder an. Aber Ende gut … Alles gut.
Als ich dann endlich aussteigen konnte und zum Aufenthaltsgebäude zurückging, flog die Tür auf und eine Meute von wild mit den Armen gestikulierenden Piloten rannte auf mich zu. Jeder wollte der Erste bei mir sein. Die, die mich, den Fremden, beim Einsteigen in die Maschine noch argwöhnisch beäugt hatten, klopften mir jetzt liebevoll auf die Schultern und knufften mich auf die Arme. Sie hatte am Boden vieles mit verfolgt und waren schlichtweg begeistertet. DAS hatten sie den Fremden nun doch nicht zugetraut. Igor, Sergej und Tanja bahnten sich mühevoll einen Weg durch den Pulk. Erst nach einem lauten Wort von Igor trat Ruhe ein. Igor ergriff meine Hand und drückte sie erstaunlich lange, das finstere Gesicht von Sergej hellte sich langsam auf. Er hatte zwischenzeitlich etliche Vorwürfe einstecken müssen. Es waren wohl einige Vorschriften von mir außer Kraft gesetzt wurden.
Und Tanja … auch sie konnte ich mit meinem breiten Grinsen beruhigen. Sie hatte wohl furchtbare Angst ausgestanden, denn sie sah immer noch recht blass aus.
Ja-ja, die Delta-V-Abfangen haben nicht nur den Piloten zum schwitzen gebracht. Auch am Boden lief man auf dem schmalen Grat zwischen Sieger und Verlierer, Genie oder Wahnsinn.